"Zu viele" elefanten?

Warum gibt es angeblich „zu viele“ Elefanten im südlichen Afrika und zu wenige im restlichen Afrika?

allgemeines Missverständnis der Situation:

  • Es ist ein Missverständnis, dass es „zu viele“ Elefanten gibt. Denn es ist nur in 3 Ländern Afrikas (Namibia, Botswana, Südafrika) eine Zunahme bei Elefanten über das letzte Jahrhundert hinweg zu verzeichnen. Bei allen anderen Ländern mit Elefantenpopulationen ging es mit den Zahlen stetig bergab, so wie mit den Elefantenzahlen von Gesamt-Afrika.In Namibia ist die Situation ebenfalls relativ: In Nordwest-Namibia sind die Populationen stabil und selbstregulierend. Die im Norden wachsen (wg. Grenzüberschreitungen aus Botswana).

 

  • Die angeblich durch Elefanten zerstörte Vegetation (Wald) ist nur deshalb gewachsen, weil es wegen der vielen Jagd bis zum 20. Jh. im südlichen Afrika sehr wenige Elefanten gab. Die Vegetation wuchs in der Abwesenheit der Elefanten in einer Weise, wie es sie vorher dort gar nicht gegeben hatte. Desweiteren ist Wald nicht überall eine erstrebenswerte Landschaftsform. Vegetationssysteme und ihre Verträglichkeit mit verschiedenen Tierarten (verschiedene Fressverhalten usw.) müssen differenziert betrachtet werden. Außerdem, bzw. als ein Faktor davon, zerstören Elefanten die Landschaft ja nicht nur, sie bauen auch eine neue auf und fördern neue Flora und Fauna (Samenverbreitung mit dem Dung, Entdeckung von versteckten Wasservorräten im Boden, die dann auch andere Tiere nutzen können usw.). Die „Schädlichkeit“ ist also gar nicht so schädlich wie immer behauptet wird, denn Elefanten haben auch Nutzen.

 

  • Die südlichen Länder mit „zu vielen“ Elefanten möchten diesen Fakt kommerziell ausnutzen (d.h. sie wollen mehr legalen Elfenbeinhandel), deshalb wird verbal mehr daraus gemacht als Wirklichkeit ist: „Überpopulation“ ist meist nur ein Argument für die kommerzielle Nutzung des Elfenbeins.

 

Länder-Spezielles Der südlichen Länder mit Elefanten-Zuwachs:

Botswana:

  • Eine Tatsache: Die Elefantenzahl in Botswana ist in letzter Zeit nicht mehr gestiegen, sondern seit 1996 stabil geblieben!
  • Die Elefantenpopulation ist in Botswana vorher u.a. deshalb gewachsen, da Elefanten aus Angola und Mozambik (wegen Krieg) nach Botswana geflohen sind.
  • Botswana hat eine Regierung, die Naturschutz fördert. (Man denkt u.a. an den Tourismus!)
  • In Botswana gibt es wenig Wilderei, weil die Wege für den Elfenbeinhandel  unzugänglicher sind (weniger Straßen in der Wildnis), und es gibt weniger kriminelle Netzwerke für den Schmuggel (womöglich u.a. wegen der Diamanten – das Land ist damit reicher an andern Dingen.)

(Anmerkung: Botswana folgt, wie Kenia, dem Ideal einer minimalen Einmischung des Menschen in die Natur und umzäunt deshalb die Naturschutzgebiete nicht.)

 

Südafrika, Simbabwe, Namibia:

  • In Südafrika, Simbabwe und Namibia gibt es weniger Wilderei, da sie ehemals von einer weißen Minderheit geführte Polizeistaaten waren und deren Sicherheitsstrukturen zum Teil noch vorhanden sind. D.h. die Nationalparks und Wildreservate sind besser bewacht.
  • Die wirtschaftliche Lage dieser Länder war/ist stärker als im übrigen Afrika – deshalb sind auch genügend Geldmittel vorhanden, um wirksame Wildschutzmaßnahmen bezahlen zu können.
  • Vermehrung von Elefanten in Südafrika: Elefanten sind von Mosambik in den Krüger Nationalpark (Südafrika) eingewandert. (Wegen unsicherer Situation in Mosambik.)
  • In Simbabwe, wo sich die Elefanten in der Vergangenheit ebenfalls vermehrt haben, gibt es jetzt wieder mehr Wilderei, d.h. die Elefantenzahlen gehen auch dort zurück!
  • Zerstückelung der Landschaft / Teilung von natürlichen Gebieten. Die Tierschutzgebiete in diesen Ländern sind alle umzäunt, d.h. Elefanten können dann natürlich nicht migrieren und sich über ein größeres Gebiet verteilen. Sie sind damit angewiesen auf das, was ihnen das umzäunte Areal bietet. Speziell Südafrika und Simbabwe haben die Tendenz, ihre Wildparks zu managen. Durch permanente menschliche Einmischung in Ökosysteme werden natürliche Abläufe verhindert oder limitiert. (Dies ist auch nur notwendig bei umzäunten Gebieten.) (Es gab z.B. Culling in diesen beiden Ländern in den 60er Jahren als eine dieser Maßnahmen.)
  • Es gibt vor allem auch künstliche Wasserzugaben in den Schutzgebieten. Die Wildparks werden gemanagt „wie Rinderfarmen“. Natürliche Auslese und natürliche Lebensumstände werden verhindert.
  • Umzäunung und Wasserzugabe erhöhen erwiesenermaßen Elefantenzahlen nicht nur, sondern potenzieren (!) sie sogar.

(All dies gilt nicht für Botswana, s.o.)

 

Anmerkung:

Allmählich setzt sich auch im südlichen Afrika die Meinung durch, dass die optimale Lösung für das „Elefantenproblem“ bei  grenzüberschreitenden Schutzgebieten und Korridoren für Elefantenwanderwege liegt. Dies wird auch zunehmend praktiziert. (Beispiele: KAZA und Greater Limpopo Transfrontier Park).  Solche Lösungen bedeuten sehr viel politische Bemühung und Arbeit mit allen involvierten Instanzen und, nicht zuletzt, mit den Anwohnern der betroffenen Gebiete.

 

NEUE  Entwicklung in Südafrika:  Siehe Artikel unten

 

Warum in den anderen afrikanischen Ländern die Zahl der Elefanten abnimmt:

  • Die Elefanten-Populationen des übrigen Afrika (mit nicht-umzäunten Wildtiergebieten) haben sich entweder selbst reguliert (z.B. Dürrezeiten) oder wurden durch Wilderei dezimiert.
  • Die Länder sind entweder selbst oder sind umringt von Kriegsgebieten, wo es jede Menge Waffen gibt, welche für die Elfenbeinjagd verwendet werden, um davon finanzielle Mittel für laufende Kriege und Auseinandersetzungen zu beschaffen.
  • Außerdem gibt es in diesen Gegenden (oder drumherum) viele Leute, die in Not sind und alles tun würden, um an Geld/Nahrung zu gelangen, also auch das Abschießen von Wildtieren. Wilderei ist sehr verbreitet. Elfenbein ist gerade in den letzten Jahren in Asien noch begehrter geworden und das Geschäft damit deshalb ungeheuer lukrativ und verführerisch für Arme und Geldgierige.
  • Einige der Regierungen sind nicht besonders bemüht um den Tierschutz. Es gibt viele korrupte Beamte, die selbst in irgendeiner Weise in den Elfenbeinhandel involviert sind oder davon profitieren.
  • Es ist weniger Geld für den Schutz der Naturgebiete vorhanden.
  • Die Nationalparks und Tierschutzgebiete sind nicht (oder nur teilweise) umzäunt. Deshalb gibt es auch mehr Mensch/Tier-Konflikt, bei denen die Elefanten immer wieder den Kürzeren ziehen. (Die Belastung der Vegetation ist jedoch lokal nicht so groß wie in umzäunten Gebieten.)
  • Hier hat die  Bevölkerungsexplosion starke Auswirkungen: Zu viele Menschen, die Land beanspruchen, das früher Elefantenland war. (Das gilt eigentlich für überall in Afrika, kommt aber in nicht-umzäunten Gebieten mehr zum Tragen.)
  • Land mit Wasser wird den Tieren weggenommen bzw. von Nutzvieh in Anspruch genommen.

 5/2012 - Birgit Hampl


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Zu viele Elefanten?
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Anmerkung:

Seit der Erstellung des og. Artikels ist die Elefantenwilderei in Namibia und in Südafrikas Krüger Nationalpark um ein Vielfaches gestiegen. Auch Botswana hat mehr Wilderei zu verzeichnen als in früheren Jahren.

(Stand 6/2017)

 


Interessanter Artikel

über neue Forschungen im

Krüger Nationalpark, Südafrika:

(Nov. 2014)

 

Nachfolgend eine freie Übersetzung des Artikels im Link unten

Natürliche Methoden schlieSSen Culling künftig aus

Es wird kein weiteres Culling der Elefanten im Krüger NP mehr geben. (Culling ist das Erschießen von Elefanten wegen "zu großer" Populationen.) Der Grund ist, dass neue, "natürliche" Methoden, die Elefantenzahlen zu regulieren, die Vermehrungsrate auf nur 2 % (anstelle von früher 6,5 %) verringert haben. Culling hat nicht funktioniert, um die Auswirkung von Elefanten auf bestimmte Gegenden (gemeint sind Landschafts-/Baumzerstörungen) zu regeln. Man ist jetzt soweit, einzusehen, dass es nicht darum geht, die Populationszahlen durch Abschüsse zu regulieren, sondern die natürlichen Prozesse Einfluß nehmen zu lassen, unter Berücksichtigung z.B. wo Elefanten Zeit verbringen und was sie tun, wenn sie an bestimmten Plätzen sind. Die neue Methode, natürliche Prozesse zu imitieren, scheint viel besser zu funktionieren.

 

Diese natürliche Methode besteht hauptsächlich darin, den Elefanten nur limitierten Zugang zu Wasserlöchern zu gewähren. (Dazu muß man sagen, dass in Südafrika die Nationalparks alle umzäunt sind, so dass die Elefanten nicht migrieren können und deshalb der Mensch eingreifen muss, indem er z.B. in Dürrezeiten Wasser künstlich zugibt.)

 

Über zwei Drittel der Wasserlöcher, hauptsächlich im trockenen Norden des Parks, wurden nach 2003 geschlossen, so dass die Elefanten wegwanderten, und seither kann sich die Landschaft im Norden wieder vom "Gebrauch" der Elefanten erholen.

 

Die Wirkung der Elefanten auf die Natur zu regeln heißt nicht, die Populationszahlen zu regeln, - es geht darum, WIE Elefanten die Landschaft nutzen. Ecksteine der Methode sind: Elefanten brauchen Schatten, Wasser und Nahrung, und sie bevorzugen es, Menschen zu vermeiden. Im Krüger Park waren sie früher gewohnt, dass es von überall aus gesehen in einer Entfernung von nur 5 km Wasser gab. D.h. sie hatten keinen Grund, großartig umherzuziehen. Dies wurde nun durch die Schließung von Wasserbohrlöchern wieder rückgängig gemacht und somit natürlichere Umstände wieder hergestellt. Es wurden auch Zäune zwischen dem Krüger Park und Mozambique und Zäune zu einigen privaten Schutzgebieten im Westen niedergerissen, was den Elefanten mehr Raum gibt. Wie erwartet, hat sich die Elefantenzahl natürlich reduziert durch den schwereren Zugang zu Wasser: Mehr Kälber und mehr ältere Elefanten starben, und die Geburtenrate ging zurück. Normalerweise kann eine Elefantenkuh unter den besten Umgebungsumständen (wie im Krüger Park früher) alle 3 Jahre ein Kalb zur Welt bringen. Jetzt ist der Geburtenrhythmus auf alle 4,2 bis 4,5 Jahre zurückgegangen. Wenn die Kühe weiter laufen müssen, um an Wasser und Futter zu gelangen, geht das von ihrer Kondition ab, und somit geht auch ihre Bereitschaft zur Empfängnis zurück. Kälber werden bis zum Alter von etwa 3 Jahren gesäugt, wenn sie beginnen, Stoßzähne zu bekommen. Danach müssen sie sich Wasser und Futter selbst suchen, wie der Rest der Herde.

 

Die Reaktionen auf die Schließung der Wasserlöcher im Krüger NP war verschieden in den unterschiedlichen Gebieten. Zum Beispiel gingen im Norden die Überlebensraten zurück, während im Süden (wo es mehr natürliches Wasser gibt), die Geburten zurückgingen. Warum dies geschah, ist nicht klar. Diese Verhaltensänderung muss noch einige Jahre lang erforscht werden. Eins ist klar: Es findet eine natürliche Bevölkerungsregulierung statt.

 

Nach der Schließung der Wasserlöcher sind die Elefanten auch zu den Flüssen gewandert, wobei ihr Druck auf die Vegetation nun dort besonders stark ist. Solche Folgen der Abwanderung müssen nun ebenfalls erforscht und korrigiert werden. Eine der Methoden, diese Orte weniger Elefantenbelastung auszusetzen ist, als Abschreckung eine menschliche Anwesenheit zu simulieren. Das kann durch technische Mittel geschehen, wie z.B. Lärm (Gewehrschüsse in die Luft) oder kleine Feuer, oder Bienenzäune oder Zäune mit aufgebrachter Chilli-Pfeffer-Soße. Letzteres wurde ausprobiert mit dem Ergebnis, daß Elefanten solche Zäune vermieden, allerdings nur eine Zeitlang, denn Elefanten sind sehr klug und durchschauen Tricks schnell, und sie gewöhnten sich einfach an den sonst ungeliebten Geruch.

 

Bei den Bienenzäunen besteht die Schwierigkeit darin, dass die Bienen, genau wie die Elefanten, lange Dürrezeiten überleben müssen. Mit der Imitation von Bienengeräuschen ging es wie mit den Chilli-Zäunen: Die Elefanten reagierten zuerst abwehrend darauf, aber sie fanden bald heraus, dass es eine Imitation ist und ließen sich dann nicht mehr davon stören.

 

Die Daten der Auswirkung von Elefanten auf die Vegetation sind noch nicht schlüssig. Elefanten nur begrenzten Zugang zu einem Gebiet zu geben, verhinderte nicht die Verringerung der Vielfältigkeit der Holz-Vegetation. Tatsächlich nahm wie in bestimmten Gebieten des Krüger-NPs die Vielfältigkeit der Vegetation zu, wo es eine hohe Elefantendichte gab. Der höchste Grad der Vegetationszerstörung ist auch NICHT dort, wo es die höchste Elefantendichte gibt. Der Druck auf die Vegetation bezieht sich also nicht unbedingt auf die Zahl der Elefanten. Es stellte sich heraus, dass dies wohl an den "jugendlichen Randalierern" unter den Elefantenbullen liegen könnte. Bullen werden mit ungefähr 15 Jahren geschlechtsreif, kommen erst mit ca. 30 Jahren in die Musth und werden erst mit 40 - 45 Jahren wirklich konkurrenzfähig. Deshalb sind Teenager-Bullen oft sehr frustriert und lassen diesen Frust an Bäumen aus, indem sie sie niedermachen.

 

Es gibt noch keinen Zaun, der einen Elefanten auf Dauer zurückhalten könnte. Es sind ungefähr 150 Elefanten mit Sendehalsbändern versorgt worden, und nur einer von ihnen hat bisher niemals den Park verlassen. Die meisten anderen bewegen sich in die privaten Schutzgebiete und nach Mosambik. Sie gehen nachts aus dem Park heraus, fressen Marula-Früchte und kommen zurück, wobei sie die Begegnung mit Menschen meiden. Aber die Elefanten machten den Zaun platt und so können nun auch Büffel darüberlaufen und aus dem Park wandern und so u.U. Krankheiten auf die Rinder von Viehhirten übertragen. Man plant, niedrigere Zäune zu bauen, über den Elefanten einfach drübersteigen können, der jedoch die Büffel im Park zurückhält.

 

Elefantenkonflikt mit Menschen ist in der Gegend selten. Die Gesetze jedoch erlauben, ein zerstörerisches Tier abzuschießen, wenn es sich außerhalb des Parks befindet.

 

Culling soll nur noch angewandt werden, z.B. wenn es darum geht, einen "Problem-Elefanten" zu erschießen.

 

Elfenbein-Wilderei ist im Krüger-Park noch selten - in diesem Jahr (2014) sind nur 2 Elefanten gewildert worden.

 

Die gegenwärtige Elefantenpopulation im Krüger NP liegt schätzungsweise momentan (November 2014) bei 16.900, basierend auf einer Zählung von 2012. (1994 waren es 8.000 Elefanten.)

 

http://conservationaction.co.za/recent-articles/no-culling-krugers-elephants/

 


Anmerkung:

Seit Erscheinen des Artikels ist die Elefantenwilderei im Krüger Nationalpark um ein Vielfaches gestiegen.

(Stand 6/2017)