Nie zuvor war es so gefährlich, ein Elefant zu sein.

Wie ist es dazu gekommen?

Die Ausgangslage

Elefanten bevölkerten Afrika seit Jahrtausenden. Im 19. Jahrhundert, als es noch geschätzte 20 - 30 Millionen Elefanten auf dem Kontinent gab, wurden von den Kolonialherren jährlich 67.000 Elefanten abgeschossen, aus Spaß an der Jagd und wegen des Bedarfs an Elfenbein. Der "Ertrag" belief sich auf 1000 t Elfenbein in jedem Jahr.

 

Kein Wunder, dass der Elefantenbestand rapide dahinschwand. Um 1900 gab es nur noch 10 Millionen, und 1940 war der Bestand bereits auf 3 Millionen gesunken. Noch in der 1970er und -80er Jahren wurden 70.000 Elefanten pro Jahr wegen ihrer Stoßzähne gewildert.

 

Und dann gab es 1979 nur noch 1,3 Millionen Elefanten in Afrika.

 

Nur 10 Jahre später, 1989, waren die Bestände auf 600.000 gesunken.

 

Das Erwachen der Welt

Endlich wachte die Welt auf. CITES, die UN Convention on International Trade in Endangered Species, bei uns auch "die Artenschutzkonferenz" genannt, beschloss 1989 ein weltweites, komplettes, internationales Handelsverbot für Elfenbein. Alle Elefanten des Planeten wurden auf die höchste Schutzstufe (den sogenannten "CITES Appendix I") gesetzt.

 

Kenia war das erste Land, das seinen Elfenbeinvorrat verbrannte, als Zeichen gegen die Wilderei, gegen den Handel und als Zeichen, sich ernsthaft für die Erhaltung der Elefanten einzusetzen.

 

Als Reaktion auf das weltweite Handelsverbot sank der Elfenbeinpreis ins Bodenlose, die Wilderei reduzierte sich erheblich, und die Elefantenpopulationen erholten sich zusehends. Besonders im Süden Afrikas, wo es nach den Jagdexzessen fast gar keine Elefanten mehr gegeben hatte, vermehrten sich die Elefanten wieder stark.

 

Man glaubte die Elefanten gerettet.

 

Ein schwerwiegender Fehler

Dann passierte es: 1997 stufte CITES die Elefanten von Botswana, Namibia und Simbabwe auf CITES Appendix II herunter, was einen gewissen Handel mit den Tieren dieser Länder und ihren Körperteilen möglich macht.

 

Zwei Jahre später, 1999, genehmigte CITES einen einmaligen Lagerabverkauf von 49,4 t Elfenbein aus Botswana, Namibia und Simbabwe nach Japan.

 

Und damit nicht genug: Auch die Elefanten von Südafrika kamen 2002 auf Appendix II, und CITES genehmigte 2008 einen weiteren Lagerabverkauf von 108 t Elfenbein aus Botswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe an Händler in China und Japan. Dieses Elfenbein sollte den Markt sättigen und somit die Wilderei eindämmen. Dieser Schuss ging aber nach hinten los.

 

Die Folgen

Die Ausnahme-Abverkäufe haben den illegalen Elfenbeinmarkt wieder angeheizt und weitere Nachfrage stimuliert. Kaum ein paar Monate nach den Verkäufen von 2008 begann die haltlose Wilderei.

 

Durch den immer wohlhabender werdenden Mittelstand in China stieg die Nachfrage nach Elfenbein steil an. Außerdem dachte China gar nicht daran, den Markt zu fluten, wie es eigentlich geplant war. Stattdessen verkaufte der Staat an seine staatlichen Elfenbeinwerkstätten pro Jahr nur 10 Tonnen, und zwar zu einem Preis von ca. 1000 $/kg. Die Elfenbeinpreise in China begannen in schwindelnde Höhen zu

steigen und schufen damit noch mehr Anreiz für die Verbrecher, Elefanten zu töten.

 

Niemand kann mit bloßen Auge illegales Elfenbein, das frisch gewildert worden ist, von legalem Elfenbein aus den genehmigten Abverkäufen unterscheiden. Zertifikate, die mit dem legalen Elfenbein einhergehen sollten, werden gefälscht und interessieren viele Käufer überhaupt nicht. Ein äußerst günstiges Betätigungsfeld für Wilderer, Schmuggler, Betrüger, die nur darauf aus sind, aus abgeschlachteten Elefanten Profit zu schlagen. Deshalb sind legale Elfenbeinmärkte so gefährlich für Elefanten.

 

2011 wurden mehr als 25.000 Elefanten abgeschlachtet.

 

2012 wurden zwischen 30.000 und 40.000 Elefanten bei einem geschätzten Bestand von weniger als 400.000 Elefanten in Afrika gewildert. Bei dieser Tötungsrate würden die Elefanten in nur 10 Jahren vollständig ausgerottet.

 

Politische Passivität angesichts der Krise

Während 2013 in Afrika Zehntausende von Elefantenkadavern verrotteten und in Asien der illegale Elfenbeinhandel brummte, entschied CITES auf der CoP16 Konferenz in Bangkok, die beiden heissesten nationalen Märkte in China und Thailand, die für das Elefantensterben in Afrika hauptsächlich verantwortlich waren, gemeinsam mit 6 anderen Ländern zwar als bedenklich einzustufen, sie aber ansonsten weiter bestehen zu lassen.

 

Empörung und Reaktionen

Naturschutzverbände und andere Beobachter der Szene waren empört über die Untätigkeit der Politik. Erste internationale Märsche und Demonstrationen begannen. Kampagnen für mehr Aufmerksamkeit für den Schutz der Elefanten wurden gestartet, und immer mehr Initiativen für den Elefantenschutz entstanden.

 

Sogar Papst Franziskus und Geistliche anderer Religionen haben sich inzwischen mehrfach gegen den Elfenbein- und Wildtierhandel ausgesprochen.

 

Die USA waren der zweitgrößte Elfenbeinmarkt nach China. Im Juni 2016 beschloss die Obama-Regierung endlich ein Verbot für den Elfenbeinhandel: Import, Export und der Handel zwischen den einzelnen US-Staaten sind verboten. Nur noch wenige Ausnahmen sind zugelassen, allerdings leider auch immer noch der Handel innerhalb der einzelnen US-Staaten.

 

Asien bewegt sich

Die Elfenbeinmärkte in China und Thailand waren explodiert und völlig außer Kontrolle. 2014 hatte sich der Preis von Elefantenelfenbein in China, dem größten Markt der Welt, innerhalb von vier Jahren verdreifacht.

 

Sehr, sehr langsam begann die Politik sich ein wenig zu bewegen. Mehr Länder zerstörten ihre Elfenbeinlager, Strafen für Wilderer und Schmuggler wurden in einigen Ländern erhöht.

 

Sogar innerhalb Chinas, dem weitaus größten aller Märkte, wurden Stimmen laut für ein Handelsverbot. Kampagnen in China, die die Nachfrage eindämmen sollten, zeigten langsam Wirkung. 2015 sank in China erstmals die Nachfrage leicht. Der Preis begann ebenfalls zu fallen. Im Jahr 2016 war der Preis für Rohelfenbein sogar um die Hälfte gegenüber dem Vorjahr gefallen.

 

Historische Ankündigungen

Anfang 2016 gab Hongkong bekannt, den Import und Export von Elfenbein zu verbieten und seinen Elfenbeinmarkt zu schließen. Allerdings soll dies nur stufenweise innerhalb eines 5-Jahres-Planes geschehen, und die vollkommene Schließung ist erst Ende 2021 geplant.

 

China folgte im Dezember 2016 mit der sensationellen Ankündigung, seinen Markt bereits bis Ende 2017 zu schließen. Was bis vor wenigen Jahren noch unmöglich erschien, sollte nun geschehen.

 

Die Käufer und Schmuggler stellen sich allerdings bereits um: In der Zwischenzeit hat sich Vietnam zu einem der größten illegalen Elfenbeinmärkte entwickelt. Der Handel verlagert sich in die Länder an den Grenzen Chinas, die schlecht kontrolliert sind.

 

Malaysia hat sich als das weltgrößte Transitland für geschmuggeltes Elfenbein herausgestellt. Auch Japans Elfenbeinmarkt gilt als groß und völlig unkontrolliert.

 

Auch Afrika bewegt sich - wohin?

Die Wilderei ging währenddessen in Afrika unbeirrt weiter. In Kenia wurde sogar Satao, der Elefant mit den größten Stoßzähnen des Landes, umgebracht.

 

Nach dem starken Anstieg der Wilderei begann sich die Wilderei dann zuerst in Kenia etwas zu legen. Die Zahl der getöteten Elefanten nahm leicht ab.

 

Im Gegensatz dazu wurde im Mai 2014 in Südafrikas Krüger Nationalpark, in dem es seit 10 Jahren keine Elefantenwilderei mehr gegeben hatte, wieder der erste Elefant gewildert. Seither gab es einen klaren, steilen Anstieg der Elefantenwilderei im Süden Afrikas, denn die organisierten Wilderer- und Schmugglerbanden wandten sich nun, nachdem im Rest des Kontinents Elefanten immer schwerer zu finden waren, dem Süden zu.

 

In der Gesamtbetrachtung von Afrika ist die Wilderei seit ein paar Jahren ein wenig rückläufig, aber immer noch ist die Tötungsrate höher als die Geburtenrate.

 

Im April 2016 setzte Kenia wieder einmal Akzente und verbrannte in einer spektakulären Aktion 106 t Elfenbein. Die Nachricht ging um die ganze Welt.

 

Zahlen - die erschreckende Wahrheit

Um inmitten der Elefantenabschlachtungen einen Überblick über die tatsächlich übriggebliebenen Elefantenzahlen in Afrika zu bekommen, startete der Great Elephant Census (GEC, die Große Elefantenzählung) im Jahr 2014 in Afrika.

 

Dadurch wurde 2015 öffentlich bekannt, dass Tansania seit 2009   65.000 Elefanten, d.h. 60 % seiner Gesamtpopulation durch Wilderei verloren hat. In den gesamten letzten 10 Jahren sind also allein in Tansania  100.000 Elefanten gewildert worden.

Im gleichen Jahr wurde festgestellt, dass in Mosambik sogar fast die Hälfte seiner gesamten Elefantenpopulation, also  10.000 Elefanten, innerhalb der letzten 5 Jahre abgeschlachtet worden war.

 

In Angola überlebten von 200.000 Elefanten vor dem Bürgerkrieg bis 2017 nur noch 3400.

 

65 % aller Waldelefanten, der zweiten Spezies "Elefant" in Afrika neben den Savannenelefanten, sind zwischen den Jahren 2002 und 2013 umgebracht worden.

 

Das Ergebnis des über mehrere Jahre dauernden GEC wurde im Herbst 2016 bekanntgegeben. Nur noch 352.271 Savannenelefanten waren in 18 Ländern Afrikas gezählt worden, was eine Abnahme von 30 % innerhalb von 7  Jahren zeigte. Das sind 144.000 getötete Tiere im gleichen Zeitraum.

 

Gemeinsam mit den Elefanten der nicht gezählten Gebiete und den ungezählten Waldelefanten dürften dementsprechend insgesamt noch etwa 460.000 Elefanten in Afrika leben.

 

Die letzten Wüstenelefanten - speziell an Wüstenbedingungen angepasste Savannenelefanten, von denen es nur noch ein paar Hundert in Mali und Namibia gibt - sind dabei, entweder der Trophäenjagd preisgegeben oder gewildert zu werden.

 

2016, Jahr der Artenschutzkonferenz CITES CoP17

Bereits vor der Artenschutzkonferenz CoP17 hatten sich 29 afrikanische Länder zur African Elephant Coalition (AEC) zusammengeschlossen und ein lückenloses Elfenbeinhandelsverbot gefordert und entsprechende Anträge bei CITES zum Schutz der Elefanten eingereicht.

 

Zugleich stellten Namibia und Simbabwe Anträge auf erneuten Handel mit Elfenbein. Während die IUCN für die Schließung aller lokalen Elfenbeinmärkte stimmte, meinte die EU-Kommission, dass ein allumfassendes Verbot von Elfenbeinhandel in Afrika nicht gerechtfertigt sei.

 

Dementsprechend fielen die Ergebnisse der CITES Konferenz im Herbst 2017 aus: Appendix I, die höchste Schutzstufe, für die noch fehlenden vier Elefanten-Länder wurde abgelehnt, und zwar hauptsächlich wegen der Gegenstimme der EU.  Botswana, eines dieser vier Länder, beschloss jedoch freiwillig, seine Elefanten dem Schutz von Appendix I zu unterstellen.

 

Die Handelsanträge von Namibia und Simbabwe wurden immerhin abgelehnt und die Entwicklung eines künftigen Handelssystems für Elfenbein (der sogenannte "DMM") beendet. Die Schließung aller nationalen Märkte wurde beschlossen.

 

Damit hat die Weltgemeinschaft einige dringend notwendige Schritte zum Schutz der Elefanten getan. Mit der Verweigerung der höchsten Schutzstufe für alle Elefanten wird jedoch ein gefährliches Signal an die Wilderer und Schmugglerbanden geschickt: Künftiger Handel wird nach wie vor erwogen, und ein generelles Elfenbeinhandelsverbot auf längere Sicht ist hiermit nicht gültig.

 

Die für Käufer verwirrende Botschaft heißt: Manches Elfenbein ist verboten, anderes nicht.

 

Die Rolle Deutschlands und Europas

Nachdem nun China, Hongkong und die USA fast vollständige Elfenbeinhandelsverbote ausgesprochen haben, verwundert es nun, warum die EU so zögert, den eigenen Markt, der voll von Elfenbein aus der Kolonialzeit ist, zu schließen. Auch die EU ist eine bedeutende Drehscheibe und eines der Hauptziele für illegale Wildtiere und ihre "Produkte".

 

Deutschland hatte 2014 immerhin einen Erlass gegen den Export von Elfenbein herausgegeben. Dieser betraf Stoßzähne, auch solche, die vor dem internationalen Handelsverbot von 1989 importiert worden waren, jedoch nicht Schnitzereien. Und der Weg durch die EU war auch weiterhin frei.

 

Im Lauf des Jahres 2016 wurden in Deutschland 1,3 t illegales Elfenbein beschlagnahmt. In Europa wurde in Zoos und Museen Elfenbein gestohlen. Das Europäischen Parlament stimmte für eine Resolution, die ein vollständiges, sofortiges und EU-weites Elfenbeinhandelsverbot, Verbot von Import und Wieder-Export von Elfenbein und Rhinozeroshorn, sowie Strafen und Sanktionen für Wildtier-Schmuggel beinhaltet. Allerdings verbot die EU erst im Mai 2017 den Export für antikes Rohelfenbein. Dadurch besteht immer noch ein Schlupfloch für frisch gewilderte Stoßzähne durch das weiterhin erlaubte verarbeitete, "antike" Elfenbein, also Schnitzereien. Auch innerhalb der EU darf weiter gehandelt werden.

 

Bearbeitetes Elfenbein und den EU-internen Handel ebenfalls zu verbieten, soll im zweiten Halbjahr 2017 diskutiert werden.

 

Immer noch werden jeden Tag mehr als 80 Elefanten getötet.  Die Uhr tickt.